Inkompetenz-kompensations-kompetenz
Den Begriff "Inkompetenzkompensationskompetenz" hat der Philosoph Odo Marquard bereits 1973 in einem Vortrag geprägt. Er sagte damals: "Erst war die Philosophie kompetent für alles; dann war die Philosophie kompetent für einiges; schließlich ist die Philosophie kompetent nur noch für eines: nämlich das Eingeständnis der eigenen Inkompetenz."*
Heutzutage gilt dies nicht nur für die Philosopie. Praktische jede Wissenschaft und jedes Handeln sieht sich mit den Grenzen des Wissens sowie mehr oder weniger großer Unsicherheit konfrontiert. So wird die Forderung nach Kompetenz tatsächlich ein Indiz für die Kompensation von Inkompetenz: Denn Kompetenz als dynamisches Können ist systemisch, entwicklungsoffen und - nicht zuletzt - reflexiv. Deswegen erlaubt sie das Finden von Wegen und Lösungen auch dort, wo vorab Zuständigkeiten nicht geklärt, Fertigkeiten nicht eingeübt und Wissensbausteine nicht vorkonfiguriert wurden. Anders gesagt: Inkompetenzkompensationskompetenz oder generell Kompetenz bedeutet auch, dass neben das Lernen von Wissen das Lernen von Entscheiden, als Ausnutzen von Nichtwissens treten muss, wie Luhmann** es vorschlug.
* Marquard, O.: Inkompetenzkompensationskompetenz. In: Ders.: Abschied vom Prinzipiellen, S. 23-38, Stuttgart: Reclam, 1981.
** Luhmann, N.: Das Erziehungssystem der Gesellschaft. S. 198. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2002.
Empfehlenswerte Lektüre: Kurtz, Th., Pfadenhauer, M. (Hrsg.): Soziologie der Kompetenz. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 2010, hier besonders: Kurtz, Th.: Der Kompetenzbegriff in der Soziologie.
Das ästhetische Wiesel
Ein Wiesel
saß auf einem Kiesel
inmitten Bachgeriesel.
Wißt ihr
weshalb?
Das Mondkalb
verriet es mir
im Stillen:
Das raffinier-
te Tier
tat's um des Reimes willen.
(Christian Morgenstern: Galgenlieder)